Kategorien
Blog

Querflöte? Nicht nur für Klassik! Wie das Instrument sich im Jazz etabliert hat und sich im Beatboxing gerade entwickelt – Teil 2

Herbie Mann und Sam Most haben 1955 eine gemeinsame Aufnahme gemacht und spielten sogar ein gemeinsames Konzert. Herbie Mann spielte zu dieser Zeit auch noch Saxophon. Er wurde aber später der erste Jazzmusiker, der ausschließlich als Flötist Karriere machte. (Ausführlich über Mann in einem eigenen Kapitel.)

Gil Evans schrieb die orchestralen Arrangements für „Porgy and Bess“, wo er für das Lied „Summertime“ auch Querflöten einbaute. Das Album erschien von Miles Davis 1958. Nachdem die Flöte sich erfolgreich bewies verwendete Evans sogar auf seinem eigenen Album „The Individualism of Gil Evans“ die C-und Bass Flöte im Lied „Barbara’s Song“.


Wie man es so wunderschön auf der alten Aufnahme sehen kann, Evans ist schon grundsätzlich davon ausgegangen, dass die Flöte verstärkt ist, so ist sie auch sehr gut zum hören. Das ermöglichte die Querflöte in ein neues Licht zu rücken indem er das Instrument auch in den tiefen Lagen spielen lies. Eine schöne und weiche, aber gleichzeitig warme Tonfarbe, die das ganze Stück eine davor nie machbare Atmosphäre schaffte. Die Querflöte schaffte es auch neben lauteren Instrumente wie Blechbläser und Schlagzeug zum Wort zu kommen, das mit Sicherheit ein großer Durchbruch war.

Diese Neuerungen für die Flöte im Jazz beeinflussten auch die europäischen „E-Musik“. Man suchte neue Klänge und experimentierte viel. Edgar Varése oder Luciano Berio – die für jede/n Flötisten ein Begriff sind – bauten neue Techniken und Klänge in ihren Stücken ein. Jazz und Klassik beeinflussten sich gegenseitig. Schon aus diesem Grund ist es unverständlich wieso so viele klassische FlötistInnen ein ergänzendes Jazz Studium für so schädlich halten, und wieso so viele Professoren ihren Studenten dabei verhindern versuchen in praktische Berührung mit Jazz zu kommen. Denn der revolutionäre Jazzflötist Eric Dolphy selbst zeigte große Offenheit bei seiner Europatourneen und nahm jedes Mal Unterricht bei Severino Gazzelloni. Der gegenseitige Austausch von klassischem Stilistik und abenteuerlichen rhythmischen Neuerungen in der Improvisation schafften in der Spielweise von beiden Künstlern Änderungen. Dolphy widmete seinem Freund ein Lied namens „Gazelloni“ auf seinem Album „Out to Luch“ wo der klassische Einfluss deutlich zu hören ist. Er wurde auch von Naturklängen wie Vögelstimme, Wind etc. inspiriert, die er in seinen Kadenzen und Soli einbaute.



Fortsetzung folgt….

Quelle: Mag Kindler Gerda: Die Größen der Jazzquerflöte

Kategorien
Blog

Querflöte? Nicht nur für Klassik! Wie das Instrument sich im Jazz etabliert hat und sich im Beatboxing gerade entwickelt – Teil 1

1ebj.sacks n

Die Querflöte galt sehr lange als rein klassisches –und weibliches Instrument. Dass das Rohr viel mehr zum bieten hat, hat schon Alberto Socarrás Estacio gewusst und zeigte die Flöte das allererste Mal im Jazz schon in den 1920ern. Der kubanische Musiker studierte klassische Querflöte, spielte aber in zwei kubanischen Jazz Bands auch mit. Neben der Flöte blies er auch Klarinette und Alt Saxophon gern. Es sind drei Aufnahmen bekannt wo man ihn hören kann:

„Shootin’ the pistol“ 1927 mit der Clarence Williams Band
„You’re such a Cruel Papa to me 1928 mit der Vokalistin Lizzie Miles
„You can’t be Mine“ 1930 mit Bennett’s Swamplanders

Diese drei Aufnahmen scheinen leider sehr schwer zu finden sein, es gibt aber eine Platte Flute and Fiddles wo Socarrás zu hören ist. Keine Jazz Musik, aber immerhin etwas!

(Alberto Socarrás)

In dieser Zeit war die Flöte allerdings nicht wirklich gut geeignet in Ensembles zu spielen.Das Instrument hat ein hohes Register. Deswegen klingt sie im Vergleich zu anderen klassischen Jazz Instrumenten zart und leise. Mikrophone und Verstärkung waren noch wenig entwickelt und in den Jazzclubs herrschte eine eher laute Atmosphäre. Unter solchen Umständen war es kaum möglich die Flöte durchdringen zu lassen.In der kubanischen Volks- und Jazzmusik war die Flöte aber schon längst etabliert und galt schon immer als einer der fixen Bestandbeine einer Band oder Ensemble.

The Morales Brothers 1947 (The Morales Brothers)

1931, drei Jahre nach Socarrás machte der Saxophonist Wayman Carver seine erste Aufnahme „Loveless Love“ mit der Querflöte. Für Jazzhistoriker gilt er als der erste wahre Jazzflötist. Er arbeitete später auch mit der jungen Ella Fitzgerald zusammen. Es kam bald die Zeit wo jede anständige Big Band (Lionel Hampton, Chico Hamilton, Count Basie) einen Flötisten dabei gehabt hat. Die waren im Normalfall Saxophonisten die die Querflöte als Zweitinstrument spielten.

Die 40er Jahre brachten Verbesserungen im Bereich der Verstärkung, so wurde die Flöte allmählich im Jazz akzeptiert. Saxophonisten wie Bud Shank und Buddy Colette leisteten wichtige Arbeit zur Entwicklung der Jazzflöte. Colette war der erste, der alle im Orchester gebräuchlichen Flöten, und auch in der Kombination mit gedämpfter Trompete gespielt hat. Auf dem Album „Colettes Swinging Shepherds“ kam sogar ein Flötenquartett mit den Musikern Colette, Shank, Paul Horn und Harry Klee im Einsatz.

albumcoverBuddyCollette-JamesNewton-FluteTalk bus hank paul horn

Buddy  Collette, Bud Shank, Paul Horn


Dann kam Frank Wess und wurde ab 1953 in der Jazzszene sehr aktiv. Er konzentrierte sich auf die Durchsetzung der Querflöte als Soloinstrument im Jazz, obwohl er ursprünglich auch Saxophonist war. Er studierte aber auch klassische Querflöte und Jazzflöte bei Wayman Carver. Nicht um sonst spielte er bei Count Basie. Worauf Basies Arrangeure eine neue Klangfarbe einführten in der die Flöte mehr in Vordergrund gerückt wurde.

1956 vergab dann das Magazin „Down Beat“ das allererste Mal neben seinen bereits für andere Instrumente bestehenden jährlichen Auszeichnungen zusätzlich den „Best Flutist Award“! Nominiert wurden Herbie Mann und Sam Most.


frankwess herbiemann sammost1970publicity-sm

Frank Wess,  Herbie Mann,  Sam Most


Fortsetzung folgt….

Quelle: Mag Kindler Gerda: Die Größen der Jazzquerflöte